2.1 Aussprache1¶
Es geht um mehr als „das rollende R“¶
„He aprendido español en la escuela.“ – Klingt gut auf dem Papier, aber hört es sich auch gut an? Anders als im Fall des Französischen gilt die Aussprache des Spanischen als leicht und wird dennoch – oder gerade deswegen? – häufig vernachlässigt. Dabei kennt jeder den Unterschied zwischen einer guten Aussprache und einer ‚typisch deutschen‘ Aussprache des Spanischen. Wer zielsprachennah ausspricht, wirkt dabei kompetenter, intelligenter – und täuscht sogar über manchen Fehler in Grammatik oder Wortschatz hinweg. Schließlich kann sich ein fundiertes Wissen über die Lautartikulation auch auf das Hörverständnis auswirken. Wer besser bei der Aussprache wird, ist meist auch motivierter und weniger gehemmt, die Fremdsprache auch außerhalb des Klassenraums anzuwenden. Da die Vermittlung von Aussprachekompetenzen nicht nur praxisnah ist, sondern auch sehr anschaulich sein kann und Lehrenden wie Lernenden meist besonders viel Spaß macht, spricht eigentlich nichts dagegen, etwas mehr Wert (und ein wenig Zeit) auf sie zu verwenden. Ob nun leicht oder schwer, die spanische Aussprache weist natürlich auch einige Schwierigkeiten und Herausforderungen auf.
In diesen Kapiteln geht es nun darum, wie ein solider linguistischer Zugriff zu einem besseren Ausspracheunterricht beitragen kann. Das bedeutet nicht, dass wir hier im Folgenden eine vollständige Phonetik und Phonologie des Spanischen bieten wollen (dafür gibt es schon gute Lehrbücher, s.u.); vielmehr konzentrieren wir uns auf diejenigen Aspekte der wissenschaftlichen Phonetik und Phonologie, die unmittelbar benötigt werden, um mit den Herausforderungen des Ausspracheunterrichts professionell umzugehen. Darüber hinaus bieten wir anschauliche – und hörbare – Beispiele, Beispielszenarien und Links zu nützlichen Ressourcen, die Du auch im Unterricht verwenden kannst.
Welche artikulatorischen Herausforderungen beinhaltet nun der Erwerb einer soliden Aussprachekompetenz? Wenn wir vom Deutschen ausgehen, sind da zunächst einmal einige Unterschiede im Lautinventar des Spanischen. Auch wenn die meisten Laute in beiden Sprachen (mehr oder weniger) identisch sind, werden bekanntlich einige Laute anders artikuliert als im (Standard-)Deutschen (das berühmte „r“), sind ganz neu zu erlernen wie das <h>
, die aber im Spanischen nicht ausgesprochen werden, oder <b>
und <v>
, die man zwar unterschiedlich schreibt, aber ein und denselben Lautwert besitzen ( ). Und schließlich gilt es auf dem Weg zu einer sehr guten Aussprache auch zu lernen, dass die Okklusive in bestimmten lautlichen Umgebungen nur abgeschwächt (approximativ) zu artikulieren sind. Übrigens wollen wir dabei nicht außer Acht lassen, dass manch eine:r eine anderen Erstsprache als Deutsch hat: Manche Schwierigkeit wird so zur Leichtigkeit und umgekehrt (vgl. Herkunftssprachen).
Darüber hinaus soll es unter 2.2 Orthographie auch um die Verbindungen zwischen (guter) Aussprache und (richtiger) Schreibung gehen. Die Orthographie des Spanischen gehört zu den besten, wenn es um das Verhältnis von Schriftzeichen und Lauten (der sog. Graphem-Phonem-Korrespondenz) geht – darin ist es nicht nur dem Französischen, sondern auch dem Englischen meilenweit überlegen. Umso wichtiger, den wenigen Herausforderungen die nötige Aufmerksamkeit zu widmen. Neben dem schon erwähnten „stummen“ <h>
geht es also vor allem um die Akzentuierung der richtigen Silbe und die Frage, wann und wo der Wortakzent in der Schreibung mit der Tilde gekennzeichnet wird.
Aussprache linguistisch fundiert zu unterrichten umfasst darüber hinaus aber auch die Herausforderung, kompetent mit Fragen der Variation, der Norm und manchmal mit Klischees oder (dummen) Vorurteilen umzugehen: Wie klingt das Spanische eigentlich in den verschiedenen Ländern? Was ist der seseo? Wo wird <ll>
heute noch als ausgesprochen? Muss die für Madrid oder Salamanca typische Aussprache unterrichtet werden? Ist die Aussprache Chiles weniger korrekt? Muss man als Lehrkraft und müssen die Schüler:innen den Interdental erlernen und verwenden? Oder umgekehrt: Kann man auch die Aussprache eines amerikanischen Landes lehren und lernen? All diese wichtigen Fragen, die sich um Variation und konkrete Aussprachevarianten drehen, behandeln wir separat unter 2.3 Varianten.
Laute des Spanischen: Herausforderungen¶
Im Vergleich mit dem Deutschen ist das Lautinventar des Spanischen sogar etwas übersichtlicher. Die Vokale können wir hier in wenigen Zeilen abhandeln, zu den Konsonanten kommen wir gleich etwas ausführlicher.
Die Vokale
, ebenfalls fünf an der Zahl, sind in beiden Sprachen fast identisch. Die kleinen Unterschiede, die es natürlich immer gibt, werden leicht überhört: So werden die spanischen Vokale immer gespannt ausgesprochen (z.B. ), wohingegen es im Deutschen auch ungespannt artikulierte Vokale gibt, wie man an der Gegenüberstellung von bieten und bitten hört. Wenn man also sp. ilegal als ausspricht anstelle von zielsprachlich , dann wird man das mit einem ‚deutschen Akzent‘ assoziieren. Einen weiteren Fall von ‚deutschem Akzent‘ vernimmt man, wenn Lernende die spanischen Diphthonge (wie in tierra) und (wie in puerta) über zwei Silben verteilt aussprechen, also einen sogenannten Hiat artikulieren – wie es bei dem auch im Deutschen immer häufiger verwendeten Wort fuego zu beobachten ist: Im Unterricht sollte man auf die Aussprache achten, während man es in der deutschen Jugendsprache oft als ausgesprochen hört. Ein Grund dafür, warum das Deutsche oft als ‚abgehackt‘ und weniger melodisch empfunden wird, liegt übrigens darin, dass vor Vokalen am Wort- und am Silbenanfang oft ein Knacklaut (oder Glottisverschluss) artikuliert wird, im Spanischen jedoch nie. Vergleiche dt. die Ente mit sp. si entiendo bien .Hör mal
Anhand der folgenden Audios kannst Du die Aussprache der Sequenz o hay (z.B. in Äußerungen wie ¿Está bien o hay un problema?) eines Modellsprechers und einer Lernenden vergleichen:
Zielaussprache:
Lernendenaussprache:
Sobald man (fortgeschrittene) Lernende also für diese Details sensibilisiert hat, ist zielsprachliche Kompetenz leicht erreicht. Etwas größere Herausforderungen liegen dagegen im Bereich der Konsonanten. Auf die wichtigsten Aussprachehürden auf dem Weg zu einer nahezu zielsprachlichen Kompetenz gehen wir kurz ein.
Anders artikulierte Laute: R-Laut(e)¶
Es ist wohl allgemein bekannt, dass sowohl das Deutsche als auch das Spanische über einen R-Laut verfügen. Genau genommen gibt es in beiden Sprachen sogar mehrere R-Laute. Im Deutschen ist es dabei nicht relevant, wie man das Phonem
ausspricht, ob als uvularen Frikativ (also einen Reibelaut, der am Zäpfchen entsteht), wie er im Standarddeutschen normal ist, als alveolaren Vibranten , wie im südlichen Sprachraum, Österreich und der Schweiz, oder auch als sogenanntes Tiefenschwa im Auslaut wie in Lehrer . Phonologisch betrachtet handelt es sich um bloße Varianten desselben Phonems, sogenannte Allphone.Hör mal
Vergleiche /r-/ am Wortanfang und /-r/ am Ende in reír:
Zielaussprache:
Lernendenaussprache:
Im Spanischen werden die R-Laute dagegen immer vorne am Zahndamm durch Zungenschlag bzw. -vibration gebildet. Je nachdem, woher die Schüler:innen aus dem deutschsprachigen Raum kommen oder mit welcher Herkunftssprache sie aufgewachsen sind, fällt es den Lernenden also leichter oder schwerer die spanischen R-Laute zu artikulieren (vgl. Herkunftssprachen). Wenn man das ‚gerollte‘ R also als Herausforderung bezeichnet, dann gilt das in erster Linie im Vergleich zur standarddeutschen Aussprache. Unabhängig davon ist zu beachten, dass das Spanische zwei ‚gerollte‘ R-Laute besitzt – ein einfaches und ein mehrfach vibrierendes – die in bestimmten lautlichen Kontexten bedeutungsunterscheidend sind und somit den Status eigenständiger Phoneme haben. Der Kontrast wird besonders deutlich in (Minimal-)Paaren wie pero und perro oder caro und carro . Dieser Unterschied ist allerdings nur innerhalb von Wörtern relevant, in allen anderen Positionen gibt es nur Präferenzen für bestimmte Varianten: Zielsprachlich normal – und mit fortgeschrittenen Schüler:innen einzuüben – ist das mehrfache Vibrieren am Wortanfang, während am Wortende einfaches Anschlagen der Zungenspitze üblich ist (Erstsprachler:innen vibrieren nur in besonders emphatischer Rede mehrfach). Die Orthographie spiegelt also nur den relevanten Unterschied im Wort wider und unterschlägt die übrigen Feinheiten (vgl. Orthographie).
Tipp: Das spanische R einüben
In ihrer Artikulation ähneln sich die spanischen Vibranten viel eher dem deutschen <d>
statt des <r>
vorstellen – also clado – und versuchen, dieses <d>
zunehmend schneller auszusprechen. Mit etwas Übung löst sich der Verschluss am Zahndamm dabei so schnell, dass eine Vibration entsteht.
Regionale Diversität
Neben den genannten Varianten existieren regional natürlich noch viele weitere Varianten der Aussprache, die für den Unterricht zwar nicht unmittelbar relevant sind, aber zeigen, welche Diversität allein ein einzelnes Phonem aufweisen kann. Hierzu gehört beispielsweise eine assibilierte Variante Las hablas de Córdoba (letzter Zugriff: 30.06.2025). Wenn man genau hinhört, bemerkt man diese Artikulation auch im Gesang der Mexikanerin Carla Morrison, vor allem am Wortende: Beispiel bei YouTube (gut hörbar ab Sekunde 38; letzter Zugriff: 30.06.2025).
(ein mit weniger Vibration), die man etwa im Norden Mexikos oder in Teilen Argentiniens hören kann. Einen Höreindruck erhält man auf der Website der Universidad Nacional de Córdoba (Argentinien):Neu zu erlernende Laute¶
Neben Lauten, die im Deutschen anders artikuliert werden als im Spanischen, besitzt das Spanische natürlich auch einige wenige Laute, die im Deutschen gar nicht vorkommen. Hierzu gehört der umgangssprachlich als ‚Lispellaut‘ bezeichnete Interdentallaut 2.3 Varianten. Hier ist zunächst nur wichtig, dass diejenigen, die zwischen und (z.B. in casa vs. caza) unterscheiden, in der spanischsprachigen Welt als distinguidores bezeichnet werden. Die Mehrheit der Sprecher, die keinen Unterschied macht und nur das Phonem kennt (Teile Spaniens und ganz Hispanoamerika), werden dagegen als seseantes bezeichnet, das Phänomen als seseo (mehr dazu hier). Der seseo – das ist für den Unterricht wichtig – gilt in der spanischsprachigen Welt als genauso korrekt wie die Unterscheidung.
, der mit der Zungenspitze zwischen den Schneidezähnen artikuliert wird. Die Schüler:innen werden ihn bereits kennen, denn er ist identisch mit dem im Englischen als th bekannten Laut. Im Spanischen ist er allerdings nicht universell: Er gehört zwar zur Aussprachenorm Spaniens, wird jedoch fast ausschließlich in Zentral- und Nordspanien verwendet. Ansonsten kommt er aber in der spanischsprachigen Welt nirgendwo vor und stellt somit global betrachtet nur die Aussprache einer Minderheit der spanischsprechenden Menschen dar. Mehr dazu und zu der Frage, wie man damit im Unterricht umgeht, liest Du unterSeseo vs. Distinción
Wie beim yeísmo (s.u.) wird beim seseo zwar ebenfalls von der Neutralisierung der Lautopposition von
und gesprochen, allerdings sollte man wissen, dass der Interdentallaut in den Gebieten, in denen der seseo vorherrscht (also dort, wo die meisten Sprecher:innen seseantes sind, nie existiert hat. In Zentral- und Nordspanien hat sich der Interdental historisch aus der Reduktion der Affrikaten und (Graphien waren wie in asp. caça und wie in asp. dezir) entwickelt, während diese Laute in südlichen Gebieten zu wurden.In vielen Lehrwerken – und manchmal selbst in der Fachliteratur – wird fälschlicherweise suggeriert, es handle sich um eine Lautopposition, die verloren gegangen sei. Falsch erklärt es einleitend sogar die aktuelle Ausgabe der Ortografía von 2010, obwohl direkt im Anschluss eine durchaus empfehlenswerte, historisch korrekte Erläuterung des Lautwandels folgt: Ortografía de la lengua española (RAE/ASALE 2010).
Die für die gesamte spanischsprachige Welt geltende Orthographie spiegelt die Opposition natürlich wider. Dort wird sie durch die Graphien
, und abgebildet und stellt für seseantes seit jeher eine größere Herausforderung dar als für Lernende in Zentral- und Nordspanien.Ein weiterer ‚neuer‘ Konsonant im Spanischunterricht ist der am harten Gaumen gebildete Palatallaut <ll>
wie in caballero wiedergegeben wird. Die Aussprache des Lautes ist für deutschsprachige Lernende unproblematisch, da man sich einfach die Aussprache der Buchstabenkombination <lj>
vorstellt (oder <gl>
in italienischen Wörtern wie Tagliatelle), die dem spanischen Laut sehr nahekommt. Wichtig ist allerdings der Hinweis, dass dieser Laut im heutigen Spanisch kaum noch vorkommt – auch nicht in Zentral- und Nordspanien und auch nicht bei gebildeten Sprecher:innen. Man hört ihn eigentlich nur noch in bestimmten ländlichen Gegenden Spaniens oder in der Anden-Region Südamerikas, v.a. Bolivien (dort bedingt durch den Einfluss indigener Sprachen). Die phonologische Unterscheidung zwischen und , etwa in Wortpaaren wie pollo ‘Hühnchen’ und poyo ‘Steinbank’, spielt also heute praktisch keine Rolle mehr. Beinahe überall hat sich der yeísmo, also die Neutralisierung zugunsten des (in etwa wie in dt. ja), durchgesetzt. In der Schreibung muss man dennoch wissen, wann <ll>
und wann <y>
geschrieben wird – Orthographien sind konservativer.
Ein spanischer Laut, der dagegen das Spanische der gesamten Hispanophonie kennzeichnet, ist das sogenannte eñe <nj>
vor und liegt in der Artikulation nah am Spanischen, wo er jedoch als einzelner Konsonant realisiert wird. Alle anderen romanischen Sprachen besitzen diesen Laut auch (mal mit <gn>
geschrieben wie in it. Gnocchi oder fr. Bretagne, mal mit <nh>
wie in pt. Piranha).
„Mal so, mal so“-Laute¶
Wer seine Schüler:innen zu einer besonders zielsprachlichen Kompetenz führen möchte, muss sich ein wenig mehr mit kontextabhängiger Variation auseinandersetzen. Wir haben bereits gesehen, dass die R-Laute in der Zielsprache anders artikuliert werden, je nachdem, ob sie am Wortanfang oder -ende stehen (s.o.); die Laute
weisen ebenfalls eine markante Allophonie auf, die den Unterschied zwischen einem ‚deutschem Akzent‘ und einer typisch spanischen Aussprache macht. Fortgeschrittene Schüler:innen sollte man also auf jeden Fall dafür sensibilisieren, dass die Aussprache als ‚hartes‘ in bebedor, olvidar und amigo sehr ‚deutsch‘ klingt und die drei Konsonanten hier stattdessen ‚weicher‘, nämlich als sogenannte Approximanten artikuliert werden sollten als , und .Hör mal
Vergleiche die Artikulation der Phoneme /b/ und /d/ in el bebedor:
Zielaussprache:
Lernendenaussprache:
Vergleiche die Artikulation des Phonems /g/ in con agua:
Zielaussprache:
Lernendenaussprache:
Die ‚Kontextregeln‘ hinter dieser zielsprachlichen Aussprache der stimmhaften Plosive
, und ist, dass diese nur am Wortanfang und nach einem Nasallaut (also oder ) wie im Deutschen realisiert werden. In allen anderen Positionen werden sie stattdessen als stimmhafte Approximanten artikuliert. Der Unterschied zu liegt nur darin, dass hier kein vollständiger Verschluss beim Artikulieren gebildet wird, sondern man nur annähert (daher die Bezeichnung Approximanten), sodass fast Reibelaute (Frikative) entstehen. Die Artikulation wirkt daher etwas ‚weicher‘ und nicht so ‚explosiv‘ wie bei den Verschlusslauten (oder Plosiven).Für den Schulunterricht wird es übrigens genügen, dass man die Regel darauf reduziert, dass man ‚weicher‘ ausspricht, sobald die Laute zwischen Vokalen vorkommen (also intervokalisch). Einüben sollte man das auch im Kontext, wenn ein mit
beginnendes Wort direkt auf einen Vokal folgt wie in la busca, lo dijo, te gusta.Tipp zum Üben
: Klingt wie ein weiches , nur ohne vollständigen Verschluss der Lippen (niemals als wie in dt. Wasser!). Dieser Laut entsteht, wenn man bei der Aussprache des eine kleine Öffnung zwischen den Lippen freilässt, sodass Luft entweichen kann. Beim Vorhalten der Handfläche sollte ein leichter Lufthauch spürbar sein.
: Entspricht fast dem englischen th-Laut wie er in father oder this vorkommt. Die Zunge liegt locker an den oberen Schneidezähnen an, ohne vollen Verschluss.
: Dieser Laut erinnert an eine Mischung aus dem deutschen Ach-Laut und einem ‚harten‘ . Der Zungenrücken wird dabei wie beim an den weichen Gaumen (Velum) geführt, allerdings ohne vollständigen Verschluss. Stattdessen entsteht durch eine leichte Annäherung Reibung, die jedoch deutlich schwächer als beim Ach-Laut ist. Wenn man agua ganz schnell aussprechen lässt, entsteht er fast automatisch.
Kaum hörbar:
im Deutschen mit, im Spanischen ohne LuftstoßDie stimmlosen Plosive
unterscheiden sich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen darin, dass man sie im Deutschen oft ‚intensiver‘ ausspricht, nämlich verstärkt durch eine Aspiration bzw. Behauchung als , und . Das bedeutet, dass beim Lösen des Verschlusses zwischen den Artikulatoren ein Luftstoß entweicht. Dies lässt sich leicht überprüfen, indem man die Hand vor den Mund hält: Ist ein Luftstoß zu spüren, handelt es sich um einen aspirierten Laut. Die spanischen Plosive sind jedoch nie aspiriert. Für diese Aussprache kann man sich an der Artikulation in den Wörtern Sport, Stern und Skala orientieren, wo man auch im Deutschen nicht aspiriert.Das Phänomen fällt deutlich weniger auf als die anderen hier genannten Aussprachekontraste, aber für fortgeschrittene Lernende lohnt sich ein Hinweis und eine kleine Übung.
Der stimmlose Reibelaut <g>
(nur in <ge>
und <gi>
) sowie <j>
entspricht, ist ein interessanter Fall. Im Deutschen ist dieser Laut zwar bekannt, wird dort jedoch mit der Schreibung <ch>
assoziiert. Das Phonem wird im Deutschen kontextabhängig an ganz unterschiedlichen Stellen im Mundraum artikuliert: vorne in ich (transkribiert als ), weiter hinten als in och und ganz hinten als in ach.
Im Spanischen gibt es dieselben Varianten, allerdings hängen sie dort nicht vom lautlichen Kontext ab, sondern sind jeweils typisch für bestimmte regionale oder nationale Varietäten (mehr dazu unter 2.3 Varianten).
Kein(e) Laut(ung)¶
Ein reiner Anfängerfehler ist es bekanntlich, das im Spanischen geschriebene, aber immer ‚stumme‘ <h>
auszusprechen. Wir greifen es im nächsten Abschnitt zur Orthographie wieder auf.
Wir fassen noch einmal zusammen
Die spanischen Vokale sind eher unkompliziert: Nur bei den Diphthongen ist auf die Aussprache ohne Lauttrennung zu achten. Die zentralen Herausforderungen für Deutschsprachige betreffen die Konsonanten:
Einfaches <ñ>
wie in año) sowie (graphisch durch <ll>
oder <y>
abgebildet) eher weniger. Für fortgeschrittene Lernende ist die kontextabhängige Aussprache der Konsonanten im Zusammenhang mit Vokalen als Approximanten (nicht als Verschlusslaute wie im Deutschen) relevant. Dass <h>
stumm bleibt, ist dagegen nur Anfängern zu erklären.
Ein linguistisch fundierter, kontrastiver Blick zum Deutschen hilft, diese essenziellen Unterschiede gezielt zu trainieren und führt schnell zu (nahezu) zielsprachlicher Aussprachekompetenz. Schüler:innen mit anderen Herkunftssprachen bringen hier oft andere Voraussetzungen mit – ihre spezifischen Vorteile und Herausforderungen werden im Kapitel Herkunftssprachen behandelt.
Wer mehr wissen will (klickt hier)
Als das Standardwerk zur Phonetik und Phonologie des Spanischen – neben älteren Referenzen wie Quilis (1993) – gilt heute Band 3 der Nueva gramática de la lengua española (RAE/ASALE 2011). Es spiegelt in seiner umfassenden und äußerst detaillierten Darstellung nicht nur den aktuellen Forschungsstand wieder, sondern berücksichtigt auch die Aussprachevariation in der spanischsprachigen Welt. Übersichtlicher und zugänglicher sind die deutschsprachigen Einführungen in das Gebiet von Kubarth (2009), Pustka (2021) und Gabriel/Meisenburg/Selig (2025). Letztere enthält in der zweiten Auflage auch ein Kapitel zum Spanischen „als Fremdsprache im deutschsprachigen Kontext“.
Eine Vertiefung der Vermittlung der Aussprache des Spanischen als Fremdsprache mit konkreteren Tipps für die Umsetzung im Unterricht bieten Gil Fernández (2007), die Beiträge in Gil Fernández (Hg.) (2012) und nicht zuletzt Reimann (2016). Benet/Pesková (2017) zeigen deutlich, wie man eine zielsprachliche Aussprache vermitteln kann.
Anschauungsmaterial für die Aussprache des Spanischen als Fremdsprache und den Kontrast zur zielsprachlichen Aussprache bietet das MAR.ELE-Korpus (Tacke 2023ff.). Dort wird die Möglichkeit geboten, die Aussprache einzelner Wörter, Sätze und eines ganzen Textes durch verschiedene Lernenden (L2/L3) anzuhören und mit der Zielaussprache von Modellsprecher:innen zu vergleichen. (Aus Datenschutzgründen wird ein Zugang benötigt, den man erhält, wenn man dort auf "solicitud" klickt.)
Literatur¶
- Benet, Ariadna / Pesková, Andrea (2017): „Cómo reducir el ‚acento extranjero‘ en el ELE“. Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch 15 (3), 16–20.
- Bürgel, Christoph / Reimann, Daniel (Hg.) (2017): Sprachliche Mittel im Unterricht der romanischen Sprachen – Aussprache, Wortschatz und Morphosyntax in Zeiten der Kompetenzorientierung. Tübingen: Narr.
- Gabriel, Christoph / Meisenburg, Trudel / Selig, Maria (2025): Spanisch: Phonetik und Phonologie. Eine Einführung. 2. überarbeitete Auflage. Tübingen: Narr Francke Attempto.
- Gil Fernández, Juana (2007): Fonética para profesores de español: de la teoría a la práctica. Madrid: Arco Libros.
- Kanngiesser-Krebs, Gisela (2017): „¿Cómo se dice qué? y ¿qué se dice dónde?“. Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch 15 (3), 2–10.
- Kubarth, Hugo (2009): Spanische Phonetik und Phonologie: Segmente – Silben – Satzmelodien. Frankfurt am Main: Peter Lang.
- Pustka, Elissa (2021): Phonetik und Phonologie des Spanischen. Eine korpuslinguistische Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag.
- Quilis, Antonio (1993): Tratado de fonología y fonética españolas. Madrid: Gredos.
- Real Academia Española / Asociación de Academias de la Lengua Española (2011): Nueva gramática de la lengua española. Band 3: Fonética y fonología. Madrid: Espasa Calpe.
- Real Academia Española / Asociación de Academias de la Lengua Española (2010): Ortografía de la lengua española. Madrid: Espasa. Online: https://www.rae.es/ortografía/
- Real Academia Española / Asociación de Academias de la Lengua Española (2005): Diccionario panhispánico de dudas. Madrid: Santillana. Online: https://www.rae.es/dpd/
- Reimann, Daniel (2016): Aussprache im Unterricht der romanischen Sprachen (Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch). Münster: LIT Verlag.
- Tacke, Felix (2023ff.): MAR.ELE – Corpus sobre la pronunciación del español por aprendientes de ELE en Marburg. Marburg. Online: https://marele.online.uni-marburg.de
Dieses Kapitel zitieren
Merte, Marlon / Tacke, Felix (2025): „Aussprache“. In: Tacke, Felix (Koord.): Spanische Linguistik @ School. Marburg: Universität Marburg. Online: https://linguistik.online.uni-marburg.de/ DOI: 10.5281/zenodo.15348687
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Autor:innen: Marlon Merte, Felix Tacke
Beiträge: Gloria GabrielLetzte Änderung: 10.07.2025 ↩